Erste Schulwoche und ein Erdbeben

In den letzen paar Tagen bevor die Schule anfing ist nicht besonders viel passiert. Am Mittwoch sind wir mit unserer Mentorin Sonia zur Schule gefahren, wo Anna und ich arbeiten und haben danach noch die Schule von Antonia kurz angeschaut. Zwei Tage später bin ich mit Susi nochmal mit dem Bus hingefahren, damit ich weiß, wo ich welchen Bus nehmen muss. Bus fahren ist hier nämlich ganz anders als in Deutschland. Es gibt zwar ein paar Bushaltestellen, aber grundsätzlich kann man überall auf der Strecke ein- oder aussteigen. Zum Einsteigen muss man sich nur an die Straße stellen und den Arm raushalten und zum Aussteigen steht man einfach auf und geht zu einer Tür. Genaue Abfahrtszeiten gibt es hier auch nicht. Bein meinem Schulbus weiß ich nur von der vorherigen Freiwilligen, dass der Bus in einem Zeitraum von 15 Minuten kommt. Eine Busfahrt in der Stadt kostet immer 30ct, außer die Fahrt zu meiner Schule kostet 35ct, weil das Dorf Unamuncho ca. eine halbe Stunde entfernt ist.

Mit dem Bezahlen läuft es in jeder Buslinie etwas anders ab: manchmal zahlt man beim Einsteigen, manchmal beim Aussteigen oder oft ist auch noch eine weitere Person außer dem Busfahrer da, die zum Kassieren durch den Bus läuft. Diese Person ist dann auch dafür zuständig zu schauen, ob jemand an der Straße steht und einsteigen will. Meistens sind bei den Fahrten auch alle Türen offen, damit man schnell rein- und rausspringen kann.

 

Ich habe ein paar Mal etwas mit Antonia und Anna unternommen, zum Beispiel waren wir in einem Schwimmbad in der Nähe von deren Haus, wo es sogar eine Sauna und einen Whirlpool gab. Außerdem waren wir in der Shopping-Mall von Ambato, in der man absolut keinen Unterschied zu einer Mall in Deutschland erkennen kann.

Am Mittwoch haben wir das erste Mal "Colada Morada" getrunken - ein typisches Getränk hier, was man an einer Stelle in Ambato an mehreren Ständen nebeneinander kaufen kann. Es hat Ähnlichkeiten mit einem Beerensmoothie, wird aber warm getrunken. Außerdem ist schwarzes Maismehl drin und es schmeckt nach Weihnachtsgewürzen. Dazu haben wir noch Empanadas gegessen.

 

Nach einer Woche hier habe ich mich endlich in einem Fitnessstudio bei mir in der Nähe angemeldet und alle möglichen Kurse ausprobiert. Crossfit und Strong by Zumba hat mir gut gefallen, Cardio Kick Boxing ist allerdings nicht so ganz mein Fall.

Colada Morada und Empanadas
Colada Morada und Empanadas

Und jetzt zur Schule: Die Schule ist in zwei Gelände aufgeteilt, die 20 Minuten zu Fuß voneinander entfernt sind. Weiter oben im Dorfzentrum ist die Schule für 7-16 jährige und unten sind die 3-6 jährigen. Uns wurde gesagt, dass ich mit der Altersgruppe von 7-10 arbeiten werde und Anna mit Kindern von 3-6. Außerdem werden wir ein paar Mal in der Woche eine Art AG anbieten - Anna etwas mit tanzen und ich etwas mit Musik. Damit werden wir aber erst Ende September oder Anfang Oktober beginnen.

Am ersten Tag haben wir nichts gemacht, außer rumsitzen und frieren. Auch am Dienstag haben wir eigentlich nichts gemacht. Immer hießt es "tranquilo, tranquilo" und keiner hat wirklich mit uns geredet - das soll also die "Eingewöhnungszeit" sein? Am Mittwoch haben wir dann eine sehr anspruchsvolle Aufgabe bekommen, und zwar Glitzerpapier in kleine Quadrate schneiden und das 1 1/2 Stunden lang. wir hatten zwar keine Ahnung wozu das benötigt wird, aber naja, immer noch besser als nichts machen... Sonst verbringen wir unsere Zeit zum Beispiel mit Spanisch lernen oder wir dürfen auch den Computerraum nutzen.

 

Für uns ist es etwas merkwürdig, dass wir jeden Tag von allen Lehrerinnen und dem einen Lehrer und sogar von der Direktorin mit Küsschen begrüßt werden, aber daran muss man sich in Ecuador eben gewöhnen... Bisher sind alle sehr nett in der Schule und versichern uns jeden Tag, dass die vorherigen Freiwilligen am Ende super spanisch sprechen konnten.

 

Von Montag bis Donnerstag kamen jeden tag drei Klassen mehr aus den Ferien zurück, weshalb es logisch war, dass wir am Montag noch nichts machen konnten. Jeden Morgen war dann eine kleine Ansprache, bei der die Schüler in Reihen auf dem Schulhof standen und immer wurde die Nationalhymne von Ecuador gesungen. Die Schüler tragen alle eine Schuluniform, die mich ein bisschen an meine in England erinnert, nur dass der Rock eine andere Farbe hat.

 

Seit Donnerstag sind aber alle Schüler da und wir wurden in den Pausen sofort von einigen Kindern ausgefragt. Komischerweise wollen alle wissen, wie unsere Eltern heißen. Und natürlich kam auch immer die Frage, ob die blonden Haare meine echte Haarfarbe sind. Manchmal fühle ich mich echt exotisch hier, wenn mich gefühlt jeder anstarrt - auch wegen meiner Größe.

 

Heute gab es das erste Mal eine richtige Aufgabe für uns, sogar mit Kindern! In der "tercero" (7 jährige) war kein Lehrer und wir durften aufpassen, dass alle ihre Aufgaben machen und ihnen dabei helfen. Schwierig war nur, dass wir ungefähr 2 1/2 Stunden mit den Kindern alleine waren, aber die Aufgaben höchstens für 45 Minuten gereicht haben, also mussten wir uns selbst etwas ausdenken. Die Direktorin hatte den Kindern gesagt, wir würden da bleiben und wenn sie zur Toilette wollen, sollen sie uns fragen. Natürlich muss nach so einer Ansprache jedes Kind mindestens drei Mal zur Toilette. Es war etwas anstrengend, weil wir einfach noch nicht genug spanisch sprechen, um uns durchzusetzen, aber Spaß hatten wir trotzdem.

 

Wie immer im Ausland, versteht hier niemand meinen Namen :D Ich werde immer Meik / Maik / Mike oder Meikel / Michael genannt, aber das kenne ich ja schon aus England...

Unsere Schule Unidad Educativa “Tomas Sevilla”
Unsere Schule Unidad Educativa “Tomas Sevilla”
Ausblick auf den Berg hinter der Schule
Ausblick auf den Berg hinter der Schule
Glitzerquadrate schneiden
Glitzerquadrate schneiden

Mittlerweile kann ich auch bestätigen, dass das Wetter hier einfach komisch ist und man es nicht vorhersagen kann. Morgens ist es super kalt, aber mittags kann es auch mal über 25 Grad warm sein, wenn die Sonne scheint. Die Sonne knallt immer ziemlich, weil wir so nah am Äquator sind und man sollte sich immer eincremen. Sobald eine Wolke kommt, ist es aber wieder kalt. In Unamuncho ist es nochmal kälter als in Ambato, vor allem in den Gebäuden, weil es hier ja keine Heizungen gibt. Deshalb sitze ich teilweise mit Pulli, Fleecejacke und noch einer Jacke in den Räumen und laufe eine halbe Stunde später draußen im T-Shirt rum.

 

Wenn man durch die Stadt läuft, fallen noch einige Dinge auf, die wir so in Deutschland nicht kennen. Montags und freitags kommen immer viele Menschen aus den umliegenden Dörfern in die Stadt, um Obst und Gemüse auf den Straßen zu verkaufen. Als wir an einem Montag mit dem Bus durchs Zentrum gefahren sind, sind plötzlich Kinder eingestiegen, die Mandarinen oder Klopapier verkauft haben. Weil der Bus wegen Stau nicht weiter fahren konnte, sind die Kinder fünf Minuten lang im Bus auf und ab gelaufen und haben gesagt "mandarinas un dollar, mandarinas und dollar, un dollar de mandarinas, ..." So geht das die ganze Zeit und ist auf Dauer super nervig. Schockierend ist nur zu sehen, wie jung diese Kinder sind.

Auch unter den Schuhputzjungen habe ich gestern einen gesehen, der vielleicht gerade einmal zehn Jahre alt war. Diese Jungen machen den ganzen Tag nichts anderes, als alle möglichen Leute anzusprechen, ob sie die Schuhe geputzt haben wollen - keine Ahnung, wie viel sie dafür bekommen, aber es ist garantiert nur sehr wenig. Sie haben dreckige und alte Kleidung an und ich möchte gar nicht wissen, wo sie nachts schlafen müssen.

Sehr nervige Verkäuferinnen gibt es auch an meiner Bushaltestelle, wo ich morgens einsteige. Eine Frau verkauft Zeitungen und die andere irgendwelche Getränke. Im Prinzip rennen sie die ganze Zeit nur hin und her, schreien durch die Gegend, was sie verkaufen und steigen in jeden Bus ein, um auch an die Busfahrer zu verkaufen. Die Getränkeverkäuferin sagt immer irgenwas mit "aguita calientita", was eigentlich "Wässerchen wärmchen" heißt und bei der anderen Frau verstehe ich kein Wort. Jedenfalls ist das Ganze ein ziemlich lustiger Anblick, aber jeden Morgen nervt es echt.

Außerdem gibt es richtig viele Staßenhunde, von denen die meisten viel zu abgemagert sind.

 

Zuletzt noch zum Erdbeben gestern Abend: Ich saß gegen 21.15 Uhr auf meinem Bett und habe mich gewundert, warum in der Wohnung über mir jemand so rumtrampelt. Der Schrank auf dem Flur und der gesamte Inhalt hat gewackelt und ein Bild an meiner Wand auch. Dann ist mir aufgefallen, dass mein Bett auch wackelt und ich kam endlich auf die Idee, dass es ja ein Erdbeben sein könnte. Susi hat mich aus meinem Zimmer gerufen, wir standen auf dem Gang und alles Wände haben gezittert. Insgesamt ging es vielleicht eine halbe bis eine Minute. Es ist nichts schlimmes passiert, aber komisch war es schon; eine interessante Erfahrung, aber muss nicht nochmal sein. Das Erdbeben war von der Stärke 6,3 und ungefähr 100km südlich von Ambato.