Día de la Bandera

Am Mittwoch, den 26.09.18, war in Ecuador Día de la Bandera, also Tag der Flagge. Schon bestimmt zwei Wochen davor haben die Vorbereitungen dafür in der Schule begonnen und auch in allen anderen Schulen, an denen man in der Stadt vorbeigekommen ist, hat man gehört, dass dafür geübt wurde. Allerdings wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, warum plötzlich in allen Schulen dieselbe Melodie mit Trommeln und Glockenspielen geprobt wird.

 

Wir hatten die Anweisung bekommen, möglichst schick angezogen in die Schule zu kommen und es war echt gut, dass wir ein paar Tage vor der Zeremonie schon bei ein paar Proben zuschauen und uns darauf einstellen konnten, was uns erwartet. Sonst hätte ich alles wahrscheinlich noch komischer gefunden.

Insgesamt waren die fünf ältesten Jahrgänge an der Zeremonie beteiligt und fast alle anderen Schüler und Lehrer haben zugeschaut. Manche haben die Musik gespielt, die so lange geübt wurde, andere sind bestimmt 15 Minuten mit den Flaggen hin und her oder im Kreis gelaufen und wieder andere standen die ganzen 2 1/2 Stunden an der Seite - was die gemacht haben, weiß ich auch nicht. Die wichtigste Rolle hatten aber die Schüler der 13. Klasse. Alle sind einmal einzeln zur ecuadorianischen Flagge marschiert, haben sich davor hingekniet und haben die Flagge geküsst. Bis alle 13 Schüler einmal dran waren, sind 20 Minuten vergangen.

 

Natürlich durfte auch die Nationalhymne nicht fehlen, bei der alle aufgestanden sind. Mehrere Reden wurden gehalten, aber ich habe fast nichts verstanden, weil alles mit einem schlechten Mikrofon auf Lautsprecher übertragen wurde.

 

Nach der Zeremonie haben wir noch mit allen Lehrern, den Schülern der 13. Klasse und deren Eltern zu Mittag gegessen. Als wir uns hingesetzt haben, habe ich erstmal zu Anna gesagt: "Ohje, jetzt gibt es bestimmt einen Berg Fleisch..." Und was gab es? Natürlich Fleisch mit rohen Zwiebeln, was auch sonst? Zum Glück gab es noch Mote (eine Art Mais) dazu, aber trotzdem haben mich alle total komisch angeschaut, dass ich den "besten Teil" vom Essen liegen gelassen habe. Die Lehrer kennen Vegetarier, aber die Eltern aus dem Dorf hatten da absolut kein Verständnis für. Dafür haben sie sich dann gefreut, dass sie mein Essen mitnehmen konnten. 

Alle drei Monate - immer am 21. - wird in der Schule ein kleines Fest gefeiert, wo so wie ich das verstanden habe der Natur für Nahrung gedankt wird. Wir durften uns somit eine halbe Stunde lang kleine Vorführungen verschiedener Klassen anschauen, bei denen getanzt oder gesungen wurde. Dabei wurden sehr viele Äpfel und Orangen durch die Gegend getragen.

Und zuletzt noch eine Zusammenfassung der letzten Schulwochen

In der zweiten und auch noch in der dritten Schulwoche haben wir immer noch nicht viel gemacht. Wir waren manchmal einfach in Klassen dabei und haben beim Unterricht zugeschaut und in den Pausen wurden wir von den Kindern ausgefragt oder haben uns mit ihnen unterhalten. Auch jetzt noch werden uns ganz oft die Haare geflochten. Seit der vierten Woche habe ich aber einen Stundenplan, wann ich in welchen Klassen bin. Seitdem arbeitet Anna auch im anderen Gebäude auf der anderen Seite des Dorfes mit den ganz kleinen Kindern.

 

Insgesamt helfe ich jetzt 20 Schulstunden im Englischunterricht der dritten bis achten Klasse mit. So "viele" Stunden habe ich allerdings nur, weil ich bei jeder Klasse im Stundenplan nach weiteren Stunden gesucht habe... Bei den kleineren gibt es eigentlich immer was zu tun. Ich helfe bei der Aussprache und der Schreibweise von Wörtern und muss immer irgendwelche Fragen beantworten, wenn mal wieder jemand nicht kapiert, was er tun soll. Außerdem sind sie total süß und freuen sich immer richtig, wenn ich dabei bin. Wenn ich ins Klassenzimmer komme, werde ich meistens von 20 Kindern gleichzeitig umarmt. Es macht viel Spaß, aber manchmal ist es auch echt anstrengend.

Bei den etwas älteren Schülern helfe ich den Lehrerinnen zum Beispiel beim Hausaufgaben korrigieren, weil das bei über 30 Schülern pro Klasse auch ziemlich lange dauern kann - oder ich beantworte Fragen zu den Aufgaben während die Lehrerin andere Sachen korrigiert.

 

In der siebten Klasse beschäftige ich mich immer mit einem Jungen mit Behinderung, der sonst mit dem normalen Unterricht nichts anfangen kann. Er kann nämlich nicht einmal lesen und sollte wahrscheinlich besser auf eine Schule gehen, wo er mehr Aufmerksamkeit bekommt und man sich damit auskennt, wie er es vielleicht noch lernen kann. Wir malen dann gemeinsam Bilder aus oder ich versuche, ihm sehr einfache englische Wörter beizubringen. Leider kann er sich meistens gar nichts davon merken und hat auch schnell keine Lust mehr, was ich aber auch verstehen kann. Ich muss mir jetzt mal überlegen, was ich mit ihm machen kann, dass er auch ein bisschen Spaß hat.

 

Insgesamt ist das Englischniveau richtig schlecht. So schlimm hatte ich es nicht erwartet. In einer Klasse freue ich mich schon fast, wenn im zehnten Heft endlich "my" oder "teacher" richtig geschrieben wurde. Oft sind von zehn Sätzen in einer Aufgabe gerade mal zwei oder drei richtig. Der größte Unterschied zu Deutschland ist aber beim Vokabeln lernen. Wir hatten in der Schule jahrelang Vokabeltests oder Abfragen an der Tafel und mussten jede Woche mehrere Seiten Vokabeln lernen. Hier gibt es in den Büchern nicht mal eine Vokabelliste und die Schüler sollen Vokabeln manchmal nur anhand von Bildern lernen, haben aber keine Ahnung, was es eigentlich auf spanisch heißt. Heute war ich in der vierten und fünften Klasse alleine und die Lehrerin hatte mir am Tag davor gesagt, was ich mit den Klassen machen soll. Sie sollten 15 neue Wörter jeweils drei Mal ins Heft abschreiben. Ich habe noch dazu gesagt, dass sie auch die spanische Übersetzung dazuschreiben sollen, um das auch zu lernen. Tatsächlich hat mich jedes Kind nach der spanischen Übersetzung von jedem Wort gefragt.

 

Nur dienstags habe ich bisher noch nichts zu tun. Ich habe nichts in meinem Stundenplan und am Anfang meinte die Direktorin, ich solle ihr da dann helfen. Da dieser Plan aber die letzten Wochen nicht aufging, weil es kaum etwas zu tun gab, darf ich bald wahrscheinlich noch in ein paar älteren Klassen im Unterricht mit dabei sein.